Ankunft auf der Huskyfarm in Överkalix
Prolog
Ich war zu dieser Zeit schon eine Woche mit meinen Eltern in Norrbotten, welche gerade diverse Häuser anschauten, da sie auswandern wollten (mehr darüber kannst du hier erfahren). Ebenso bin ich über den Polarkreis, bis nach Jokkmokk gereist, um dort Tobi wiederzusehen, den ich in Alaska kennen gelernt hatte. Über die Jahre hinweg habe ich ihn immer wieder besucht und durch ihn auch mehr über die Kultur der Sami erfahren. Ich war also schon gut anklimatisiert. Es war gar nicht kalt Ende März. Nur minus -2 Grad während dem Tag, als ich wieder in Lulea ankam.
Zwischenfall!
Alle Teilnehmer sollten am Flughafen in Lulea abgeholt werden. Da ich ein Mietauto hatte, bot ich zwei anderen Teilnehmern an, sie abzuholen. Charley, der französische Dokumentarfilmer, kam mit der Bahn von Stockholm angereist. Wir verstanden uns auf Anhieb und es entwickelte sich eine Freundschaft, so, dass wir uns noch heute mindestens einmal im Jahr sehen.
Die eine Amerikanerin holten wir aus einem Hostel ab. Sie selbst war auch Husky Besitzerin. Danach fuhren wir zum Flughafen in Lulea. Dort traf dann auch noch die Engländerin ein. Sie war Ärztin und leidenschaftliche Marathonläuferin. Eine weitere Amerikanerin, sollte nach Angaben der Expeditionsleitung, am nächsten Tag eintreffen.
Wir warteten mehrere Stunden. Dann meldete sich der Mann von der Expeditionsleiterin. Es habe ein Zwischenfall auf der Farm gegeben. Zwei Hunde hätten sich anscheinend in einem Streit ziemlich übel zugerichtet und er müsse zuerst die Hunde versorgen. Ich dachte mir nur: das fängt schon gut an.
Als der Herr dann am Flughafen eintraf, hatte er einen Hoodie vom bekannten Femund Hunderennen an. Er war fast zwei Meter gross und entschuldigte sich für die mehrstündige Verspätung. Danach fuhren wir in einem Combi von Lulea über Kalix nach Överkalix.
Da die Schweden, für die Verhältnisse durch Schnee und Eis, eher schnell fahren, empfand ich seine eher rasante Fahrweise nicht wirklich als unangenehm. Wir konnten in einem Supermarkt noch einkaufen und wurden dann zu einer Jagdhütte gefahren. Dort haben wir gemeinsam ein Abendessen zubereitet und die Zimmer bezogen und gingen alle müde zu Bett.
Erster Eindruck der Farm: beeindruckend viele Hunde jedoch unzureichende Hundehaltung
Für mich war relativ rasch klar, dass die Besitzer sich nicht an alle Gesetze der Hundehaltung halten würden. Die Hunde sahen zwar gut genährt aus. Viele hatten aber Durchfall und alle schlangen dass Futter direkt runter.
So hatte es etliche Hunde, die in Zwinger noch an den Ketten waren. Mir wurde gesagt, dass diese Hunde nichts anderes kennen, da sie von Norwegen nach Schweden umgezogen waren. In Norwegen ist die Kettenhaltung von Hunden immer noch legal. In Schweden gibt es ganz klare Gesetze der Hundehaltung, welche unteranderem auch das anketten der Hunde verbietet. Mir wurde auch gesagt ich solle keine Bilder von den Hunden an den Ketten uploaden und auf den Sozialen Medien teilen.
Mir wurde auch nach meinen Erfahrungen in Alaska wieder bewusst, dass nicht jeder, der an bekannten Mittel- und Langdistanzrennen teilnimmt, dadurch auch direkt ein guter Hundehalter ist. Kritische Informationen, zu der oft unangebrachten Haltung und dem Umgang mit den Hunden und Teilnehmern während dieser gebuchten arktischen Expedition, über einen externen Anbieter, möchte ich niemandem Vorenthalten.
Dadurch habe ich auch alle diese Bilder, welche die Misstände belegen würden, auf einer älteren Festplatte. Diese heraus zu suchen, nur um dies zu beweisen, war mir dann doch zu umständlich. Daher muss mein Wort genügen, wobei wie gesagt, es wäre auch belegbar. (Am Ende dieses Tagebucheintrags wird jedoch spätestens klar werden, weshalb es für mich keine Rolle mehr spielt).
Die Hunde zeigten teils sehr aggressives Verhalten bei der Fütterung. Ein Hund war ausserhalb der Zwinger nur an einer Kette befestigt, ohne eine Hundehütte. Der "Guide" behauptete, dass dieser Hund keine Hundehütte brauche, da auch der bekannte Musher aus Alaska, seine Hunde überhalb dem Polarkreis so halten würde. (Durch Recherche in der Schlittenhundeszene, erfuhr ich dann, dass dies klar nicht der Wahrheit entspricht).
Einer der Hunde welche ich richtig gerne bekommen habe, wurde nur an einer Kette ohne Hundehütte gehalten.
Es schneite diese Tage konstant, also wurde auch der Hundekot schlichtweg nicht weggeputzt, sondern, zu meinem erstaunen, einfach liegen gelassen und dann von Neuschnee bedeckt. Zwei Hündinnen hatten in zwei Zwinger nebeneinander ein paar Wochenalte Welpen. Die eine Hündin hatte eine Wunde am Fuss und die zwei Hündinnen waren unter Dauerstress und knurrten sich an.
Diese Situation gab mir des Weiteren zu denken, denn es war offensichtlich, dass nur schon eine Umplatzierung dieser zwei Hündinnen mit ihren Welpen, eine sehr wichtige Angelegenheit gewesen wäre. Ich versuchte die Huskyfarm Besitzer darauf anzusprechen, jedoch meinten die nur, sobald sie Zeit hätten, würden Sie noch mehr Zwinger aus Holz bauen. Diese wurden von einigen Hunden richtig auseinander genommen und demoliert. Dies war für mich ein weiteres Anzeichen, dass die Hunde schlichtweg keine andere Beschäftigung hatten.
Wir wurden am nächsten Morgen bei der Jagdhütte abgeholt. Dann konnten wir die fast hundert Hunde auf der Huskyfarm kennen lernen und füttern. Nach der ersten Runde auf der Huskyfarm, machten wir am nächsten Tag per Hundegespann einen Ausflug, durch die verschneite Landschaft.
Persönliche Ansicht der Situation im Rückblick
Die alten Schlitten waren in schlechtem Zustand und einige der Schlittensäcke wurden in den nächsten Tagen noch von den weiblichen Teilnehmerinnen wieder zusammen genäht. Es gab auch gute Aspekte und einiges an Equipment war neu. Vor allem der grosse Quad mit Raupen auf dem der Guide dann, kurz bevor wir etliche Tage später los fuhren, stolz den Hundeanhänger von den Zwingern über die Strasse zog.
Sprich wir haben sehr viel Zeit und mehrere Tage auf der Farm verbracht und auch eher Arbeiten erledigt, welche eigentlich Doghandler gegen Bezahlung oder zumindest Kost und Logie machen würden. Wir wiederum haben einen vierstelligen Betrag im Voraus bezahlt, um an einer Expedition teilzunehmen. Ich kann aber auch zugeben, dass ich durchaus viele positive und nützliche Dinge dort und während der Expedition gelernt habe. Ich bin sowieso der Meinung, dass man von jeder Person und jeder Erfahrung, ob gut oder schlecht, etwas lernen kann. Auch wenn es zum Beispiel am Ende nur ist, wie man eben Dinge selber besser machen kann oder selber nie so werden möchte.
Klar, ist es wichtig, dass man vorerst mal einen Nachmittag oder einen Tag lernt, wie man einen Schlitten lenkt, einspannt usw. Jedoch war meine Erwartung, dass eben keine Anfänger an dieser Tour teilnehmen würden. So wurde es auch im Voraus kommuniziert.
Ich denke aber, dass die Situation daraus entstand, dass die Musherin hochschwanger war und ihr Mann, obwohl er noch von einer Freundin der Musherin Hilfe bekam, sehr überfordert und auch mit seinen Kräften und Nerven durch diese Belastung, ziemlich am Ende war. Er hat vor allem bei den weiblichen Teilnehmerinnen mehrmals Verständnis gesucht und vermischte sehr viel privates mit dem eigentlichen beruflichen. Teilweise erhielt er diese Aufmerksamkeit der Teilnehmer auch. Charley und ich sind ja auch keine Unmenschen und wir passten uns den Umständen an. Wirklich zufriedenstellend war es aber für keinen. Für mich, der am meisten Erfahrung hatte, wohl am wenigsten. Aber ich sagte, bis auf die Hundehaltung, noch nichts dazu und liess es auch mal auf mich zu kommen...
Weitere Ausfahrten von der Farm aus mit Schlittehundeteams
Von fünf Teilnehmern, waren es dann mit mir, eine weitere Person, die schon etwas Erfahrung auf einem Schlitten und selber Hunde hatte. Die zwei Ausfahrten mit den Hundeteams waren zwar ganz okay, jedoch merkte man dem Guide an, dass er eigentlich sehr lustlos bei der Sache war. Im Gegensatz zu den Hunden und den Teilnehmern.
Wie bitte? Das Zelt für die Expedition steht noch irgendwo in der Wildnis?
Die Expedition durch diesen externen Anbieter, war von Beginn an ziemlich unprofessionell. Wir mussten sogar noch das Arktische Zelt einsammeln, irgendwo in der Wildnis. Charley und ich begleiteten den Guide. Das Zelt stand wirklich irgendwo im Nirgendwo. Der Guide meinte, dass andere Kunden dort vor paar Wochen übernachtet hätten. Im Nachhinein weiss ich gar nicht mehr, was genau der Grund war, weshalb es noch dort stand. Ob es vergessen wurde oder was auch immer genau die Ausrede war, spielte für uns eigentlich keine Rolle. Als wir zurück fuhren, kaufen wir noch in einem Supermarkt ein.
Mitgefühl
Wir nahmen eine Hündin mit in die Jagdhütte, welche uns einfach leid tat, da sie nur in einer Hundebox des Hundeanhängers schlief, weil der Hundezwinger für sie noch nicht gebaut war. Sie genoss die Zeit sichtlich mit und bei uns in der Jagdhütte und übernachtete auf einem Sofa.
Endlich vollzählig, endlich kann es losgehen!
Fakt war aber, wir hatten einen weiteren Tag auf der Huskyfarm verbracht und wollten laut Planung eigentlich schon seit zwei Tagen unterwegs in Richtung Sarek Nationalpark sein. Jedoch fehlte noch eine Teilnehmerin. Dies war schon etwas frustrierend. Wir (Teilnehmer) kochten zusammen in der Jagdhütte und waren nun vollzählig und der Guide brachte uns die arktischen Anzüge und Schuhüberzüge vorbei. Es konnte somit endlich am nächsten Tag in der Früh losgehen!
Einige Erlebnisse dieser Arktischen Expedition, sobald wir nicht mehr auf der Farm waren, waren sehr schockierend und unschön niederzuschreiben! Natürlich ist es viel einfacher wegzuschauen oder zu verdrängen, als sich damit auseinanderzusetzen. Reflektion finde ich allgemein eine sehr gute Eigenschaft, welche einem im Leben weiter bringt.